“Schule ohne Coaching ist möglich, aber sinnlos.”
(Zusammenfassung aus PÄDAGOGIK 1/2025, S. 24-26)
Das Dürer-Gymnasium in Nürnberg (DGN) hat ein umfassendes Coaching-Konzept entwickelt, das SchülerInnen von der 5. Klasse bis zum Abitur unterstützt, um individuelle Lernstrategien zu stärken und überfachliche Kompetenzen zu entwickeln. Entstanden ist die Idee im Kompetenzteam für Begabtenförderung Mittelfranken, welches schnell erkannte, dass Coaching nicht nur beim Übergang von der Grundschule ans Gymnasium nötig ist, sondern über alle Jahrgangsstufen hinweg. Unterstützt wurde das Vorhaben durch die Universität Regensburg im Rahmen der Initiative „Leistung macht Schule“ (LemaS).
Grundprinzipien und Ziele
Coaching dient hier als Ergänzung zum Fachunterricht. Anstatt Wissen bloß auswendig zu lernen und zu reproduzieren, sollen Kinder und Jugendliche in selbstgesteuerten Lernprozessen begleitet werden. Sie reflektieren ihre Vorgehensweisen, lernen metakognitive Strategien und werden dabei unterstützt, die eigenen Stärken zu erkennen und auszubauen. Das Coaching soll Freiwilligkeit, Vertrauen und Eigenverantwortung stärken. Deshalb sind Coach und bewertende Lehrkraft im betreffenden Schuljahr immer getrennte Rollen – ein Prinzip, das den offenen Austausch erleichtert.
Coaching in der Unterstufe (Klassen 5 und 6)
Gerade beim Wechsel von der Grundschule an ein Gymnasium tauchen viele Unsicherheiten auf. Im Coaching lernen die FünftklässlerInnen zunächst, sich in der neuen Lernumgebung zurechtzufinden und grundlegende personale sowie soziale Kompetenzen zu entwickeln. Themen wie Klassengemeinschaft, Selbstorganisation und der Umgang mit Anforderungen stehen im Vordergrund. Jede Schülerin und jeder Schüler führt einen Coaching-Hefter, in dem Arbeitsblätter, Reflexionsbögen und Lernhilfen gesammelt werden. In der 6. Klasse rückt verstärkt die Suche nach geeigneten Lernstrategien in den Mittelpunkt. Die Kinder probieren Methoden aus, tauschen sich über Schwierigkeiten aus und entdecken, wie sie effektiver und nachhaltiger lernen können.
Coaching in der Mittelstufe (ab Klasse 7)
Ab der 7. Jahrgangsstufe erfolgt das Coaching nicht mehr verpflichtend in Gruppen, sondern in individualisierter Form. Die Jugendlichen können Einzelcoachings in Anspruch nehmen, wenn sie persönliche Lern- oder Motivationsprobleme klären möchten, oder sie besuchen themenbezogene Workshops. Diese Workshops befassen sich mit Stressbewältigung, Zeitmanagement, Selbstmotivation oder gezielten Lernmethoden. Manche Angebote, wie der Box-Workshop, integrieren auch körperliche Aktivität, um die Verbindung zwischen körperlichem Ausgleich und mentaler Stärke zu verdeutlichen. Während einige SchülerInnen nur wenige Coaching-Sitzungen benötigen, lassen sich andere über ein gesamtes Schuljahr begleiten.
Coaching in der Oberstufe (Klasse 11 und 12)
In der Qualifikationsphase wird das Angebot durch spezifische Workshops zur Abiturvorbereitung ergänzt. Dabei stehen zunehmend metakognitive Aspekte im Fokus: Wie strukturiere ich meinen Lernstoff sinnvoll, wie gehe ich mit Prüfungsangst um und wie kann ich in Stressphasen Ruhe bewahren? Im Einzelcoaching werden zudem langfristige Planungen besprochen, zum Beispiel Studien- und Berufswahl oder die Suche nach Stipendien. Yoga-Kurse oder mentales Training vor den Abiturprüfungen zeigen, dass sich das Gymnasium auch um das körperliche und seelische Gleichgewicht seiner SchülerInnen kümmert.
Auswirkungen und Resonanz
Lehrkräfte am Dürer-Gymnasium betonen, dass das Coaching den Unterricht entlastet, weil SchülerInnen bewusster und zielgerichteter an Lernprozesse herangehen. Eltern loben die positive Auswirkung auf die Lernatmosphäre zu Hause, da Kinder ihre Aufgaben strukturierter angehen und weniger Konflikte auftreten. Für die Jugendlichen selbst schafft das Coaching einen geschützten Raum, in dem sie Vertrauen fassen, eigene Ziele formulieren und individuelle Lösungswege entwickeln können – ohne den Druck einer Notengebung.
Fazit
Die erfolgreiche Umsetzung am Dürer-Gymnasium zeigt, dass Coaching eine sinnvolle Ergänzung zum Fachunterricht darstellt, indem es individuelle Lernwege unterstützt und wichtige Kompetenzen wie Selbstorganisation, Selbstreflexion und Stressbewältigung fördert. Es ist nicht auf Hochbegabte beschränkt, sondern kommt allen SchülerInnen zugute. Das große Interesse anderer Schulen und die Rückmeldungen aus der Schulgemeinschaft belegen den Wert dieses Konzepts. So hat sich am DGN der Ausspruch etabliert: „Schule ohne Coaching ist möglich, aber sinnlos.“ Damit ist gemeint, dass Schule mehr sein sollte als Wissensvermittlung – sie sollte junge Menschen in ihrer ganzen Persönlichkeit begleiten und befähigen, sich selbstständig, reflektiert und motiviert weiterzuentwickeln.